Nachgefragt: Interview mit Gerd Nickoleit

Jeden Monat stellen wir drei Fragen zur Fairen Woche an eine Person aus der Fair-Handels-Bewegung.

In der aktuellen Ausgabe sprechen wir mit Gerd Nickoleit. Wenn jemand den Fairen Handel kennt, dann er! Er hat die GEPA mitgegründet und dort über 30 Jahre die Grundsatzabteilung geleitet. Darüber hinaus ist er Mitbegründer der World Fair Trade Organisation und Ehrenvorsitzender des Forum Fairer Handel.

Lieber Gerd, in diesem Jahr wird die Faire Woche 20 Jahre alt. Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit hat eine lange Tradition im Fairen Handel. An welche öffentlichkeitswirksame Aktion der letzten 20 Jahre erinnerst du dich gern zurück?

Ich fand die politischen Kampagnen vom Weltladen-Dachverband und dem Forum Fairer Handel besonders gelungen. Sie haben die Probleme des unfairen Handels auf den Punkt und sicherlich viele Leute zum Nachdenken gebracht. Stichwort "Mensch. Macht. Handel. Fair." Sie betreffen den Missbrauch der Handelsmacht bei uns und international. In den Kampagnen wird einmal die Situation des Missbrauchs präzise beschrieben, danach das unverantwortliche Handeln der Unternehmen im gesetzfreien Raum angeprangert und dann folgerichtig die klare Forderung ausgesprochen: Die Unternehmen müssen für die sozialen und ökologischen Folgen ihres Handelns haftbar gemacht werden. Diese Kampagnen haben sicherlich dazu beigetragen, dass letztlich das Lieferkettengesetz im Parlament verabschiedet wurde.

Du kennst die Fair-Handels-Bewegung seit der Kinderwiege. Wie hat sich die Bewegung in den 50 Jahren verändert?

Obwohl sich der Faire Handel stark ausgeweitet hat, haben sich die drei Aktionsfelder kaum verändert. Es geht weiterhin um  

  • eine Bildungsarbeit, die nicht nur die Aufgabe hat zu informieren, sondern das egoistische Wettbewerbs-Denken in soziale und ökologische Verantwortung lenken
  • den alternativen Handel, der zeigt, dass ein gerechterer Handel möglich ist
  • und eine Lobby- und Advocacy-Arbeit, die faire, gesetzliche Rahmenbedingungen einfordert.

Es sind Felder, die sich gegenseitig ergänzen und befeuern.

Die Ziele dagegen haben sich erweitert. Nach wie vor geht es zwar um mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel und eine Wirtschaft, in der der Mensch vor Profit kommt – also um die Überwindung des neoliberalen Denkens. In den letzten Jahren wurde aber darüber hinaus deutlich, wie ungerecht sich die Folgen des Klimawandels auswirken. Wir sind in den reichen Gesellschaften durch unseren luxuriösen Lebensstil die stärksten Umweltsünder und damit die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel. Die ärmeren Länder dagegen – hauptsächlich im Süden – sind am stärksten von den negativen Folgen wie Dürre und Überschwemmungen betroffen. Für die Fair-Handels-Bewegung geht es heute daher nicht nur um einen fairen und ökologischen Handel, sondern auch darum, sich für einen klimaneutralen Lebensstil bei uns einzusetzen.

Was wünschst du dir für die Zukunft der Fair-Handels-Bewegung?

Ich wünsche mir, dass die Fair-Handels-Bewegung geschlossener nach außen auftritt und es mehr Toleranz, Akzeptanz und Zusammenarbeit zwischen den Aktiven gibt. Die Einen wollen mehr Handel und die Anderen mehr politische Einflussnahme. Wir brauchen beides. Ich wünsche mir außerdem, dass sie stärker mit anderen Initiativen und engagierten Jungunternehmern kooperiert, die mit Pragmatismus kreative, zukunftsweisende Ideen umsetzen und damit eine Pionierfunktion haben.

Zusammengefasst: Ich wünsche mir, dass die Bewegung eine wichtige Rolle bei der Transformation unserer Gesellschaft hat und dass die Prinzipien des Fairen Handels fester Bestandteil im normalen Handel sind.

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