Nachgefragt: Interview mit Charlotte Lonitz

Wir haben mit Charlotte Lonitz von Fairtrade Deutschland über ihre Reise zu Fairtrade-Bäuerinnen und -Bauern nach Ruanda gesprochen.

Charlotte Lonitz ist Fairtrade-Referentin für die FairActivists, eine Gruppe junger Engagierter, die sich für den Fairen Handel einsetzen. Von 2021 bis 2023 war sie selbst Teil des Jugendprogrammes von Fairtrade.

Liebe Charlotte, was verbindest du persönlich mit "Fair. Und kein Grad mehr!", dem Motto der Fairen Woche?

Dass wir eine rote Linie ziehen. Wir können nicht weiter Produkte auf Kosten der Umwelt und anderer Menschen konsumieren. Wir müssen uns bewusst machen, welche Auswirkungen unser Handeln hat: Ein bis zwei Grad mehr können für eine Kaffeebäuerin das finanzielle Aus bedeuten. Arabica-Kaffee ist eine recht sensible Pflanze, die ganzjährig circa 18 bis 21 Grad braucht – eine solche Temperatur ist bei zunehmenden Wetterextremen immer schwerer zu halten.

Für mich steht fest: Ohne Klimagerechtigkeit gibt es keine globale sozio-ökonomische Gerechtigkeit. Aus diesem Grund wollen wir als FairActivists während der Fairen Woche auch ein Zeichen setzen und den neuen Klimakaffee von Angelique’s Finest mit dem Rad von Hamburg nach Berlin ausliefern. So wollen wir auf das Thema aufmerksam machen und zeigen, dass Klimagerechtigkeit kein abstraktes Konstrukt ist, sondern jeder und jede aktiv werden kann.

Du warst vor kurzem in Ruanda und hast die Fairtrade-Kaffeebäuerinnen besucht, die hinter dem Kaffee "Angelique’s Finest" stecken. Welchen Einfluss hat der Klimawandel dort?

Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen in Ruanda, die Hitzeperioden werden länger und der Regen lässt auf sich warten. Wenn es regnet, dann umso intensiver: Als ich im Mai dort war, gab es extreme Regenfälle, die viele Erdrutsche ausgelöst haben – Tausende Häuser und Farmen wurden zerstört. Die heißen Trockenzeiten und die intensivere Sonneneinstrahlung führen dazu, dass die Kaffeekirschen zu schnell reifen und der Boden austrocknet. Schädlinge wie der Kaffeerost vermehren sich schneller und greifen die Sträucher an. All diese Entwicklungen führen dazu, dass die ruandischen Bäuerinnen und Bauern mehr Arbeit haben und trotzdem weniger ernten. In diesem Jahr wird die Ernte voraussichtlich nur 60 Prozent des Vorjahres betragen. Für Menschen, die gerade so ihre Produktionskosten decken können und auf Kaffee als Haupteinkommensquelle angewiesen sind, ist das fatal.

Was mich beeindruckt hat, war, was die Produzent*innen alles dafür tun, um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Sie pflanzen Schattenbäume, graben Kanäle gegen die Erosion, bedecken den Boden mit Mulch, um ihn vor Austrocknung zu schützen, und verwenden vermehrt ökologische Pestizide und Dünger. Das nötige Wissen vermittelt die Kooperative in verschiedenen Schulungen, die unter anderem mit der Fairtrade-Prämie bezahlt werden.

Was würdest du dir wünschen, wenn es um das Thema Klimagerechtigkeit geht?

Es gibt in Ostafrika viele tolle Klimaaktivist*innen, aber auf meine Frage, wo die Wurzeln der Klimakrise liegen und was man dagegen tun könnte, nannten die Farmer*innen vor allem lokale Ursachen wie: "Wir haben zu viele Bäume abgeholzt" oder "Wir müssen unseren Müll besser trennen und dürfen ihn nicht mehr verbrennen". So wichtig gute Müllentsorgung, der Stopp von Entwaldung sowie die Agroforstwirtschaft in Ruanda auch sind, sucht es die Verantwortlichkeit am Ende bei den Falschen. Schließlich hat die ruandische Kaffeebäuerin zur Klimakrise ungefähr so viel beigetragen wie alte weiße Männer zum Feminismus. Ich würde mir wünschen, dass genau dieses systemische Verständnis der Klimakrise sowohl bei den Menschen hier bei uns als auch in Afrika, Lateinamerika und Asien verinnerlicht wird. Dass Menschen wütend werden, auf die Straße gehen, ihre Stimme erheben und vor allem: gehört werden. Von uns, den Konsumierenden, den Unternehmen und den Regierungen.

Liebe Charlotte, vielen Dank für das Gespräch.

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