Nachgefragt: Robert Diendorfer von Forum Fairer Handel e.V.

Im heutigen Interview haben wir mit Robert Diendorfer vom Forum Fairer Handel e.V. gesprochen. Dort ist er Referent für Unternehmensverantwortung und Sorgfaltspflichten. Zu seinen Hauptaufgaben zählen die Informations- und politische Arbeit zum Themenbereich Wirtschaft & Menschenrechte. Im Interview geht es um die Frage, warum das Lieferkettengesetz gerettet werden muss – und was das mit der Fairen Woche und dem diesjährigen Jahresthema zu tun hat.
Lieber Robert, was ist das Ziel der neuen Kampagne zum Lieferkettengesetz – und warum ist sie gerade jetzt besonders wichtig? Und wer ist beteiligt?
Das deutsche und europäische Lieferkettengesetz sehen sich aktuell mit sehr starkem politischen Widerstand konfrontiert. Es gibt massive Bestrebungen, die Gesetze inhaltlich zu verwässern oder sie gar wieder komplett abzuschaffen. Beispielsweise ist im Koalitionsvertrag der neuen Regierung vorgesehen, Unternehmen nur noch bei „massiven Menschenrechtsverletzungen“ zu sanktionieren, was eine deutliche Abschwächung zum bisherigen Schutzniveau darstellt. Verbindliche Regeln, denen Unternehmen zur Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten folgen müssen, gelten als Meilenstein im Schutz von Menschenrechten und zur Einhaltung von Umweltschutzstandards in globalen Wertschöpfungsketten. Diese Errungenschaften gilt es aufrecht zu erhalten. Dafür setzt sich die neue Kampagne ein. Sie wurde von der „Initiative Lieferkettengesetz“ gestartet, einem breiten Bündnis aus über 90 NGOs, Gewerkschaften, Kirchen und lokalen Akteuren aus den Bereichen Umweltschutz, Entwicklungszusammenarbeit und Zivilgesellschaft.
Vielfalt steht im Zentrum der diesjährigen Fairen Woche. Inwieweit hat sie auch Bedeutung in globalen Lieferketten?
Ich denke in einer stark vernetzten und globalisierten Welt ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, wie viele unterschiedliche Menschen an der Produktion unserer Alltagsprodukte beteiligt sind. Sie weisen völlig unterschiedliche – und vielfältige – kulturelle, ethnische oder soziale Hintergründe auf. Leider ist es immer noch so, dass Personengruppen aufgrund eben dieser Vielfalt durch ungleiche Machtverhältnisse diskriminiert und ausgebeutet werden. Durch Lieferkettengesetze sollen diese schutzbedürftigen Personengruppen gestärkt werden, indem man Beschwerdemöglichkeiten schafft und Unternehmen rechtlich dazu verpflichtet, ihre Sorgfaltspflichten wahrzunehmen. Sie tragen somit auch zum Schutz einer gesellschaftlichen Vielfalt bei.
Wie kann man sich als Einzelperson oder Organisation konkret an der Kampagne beteiligen?
Die schnellste und einfachste Methode sich zu beteiligen, besteht darin, die Petition zu unterzeichnen. Das trägt zur Formierung einer möglichst starken, kollektiven Stimme bei, die sich gegen die geplanten Abschaffungsversuche stellt. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Kampagnenmaterial (Flyer, Poster, Unterschriftenlisten) kostenlos zu bestellen, um es im eigenen Umfeld bzw. in der eigenen Organisation zu verteilen. Die Petitionsaufrufe können zudem auch online z.B. auf Social Media geteilt werden. Sichtbarkeit ist zentral, und jede Stimme zählt!
Was bedeutet Vielfalt für dich persönlich – und wie lässt sich die Kampagne gut mit der Fairen Woche verbinden?
Vielfalt ist für mich eine Quelle für Inspiration. Menschen erfahren unsere Welt sehr unterschiedlich und vielfältig. Ich denke, sich diese Vielfalt vor Augen zu führen und sich mit ihr auseinanderzusetzen, ebnet den Weg für einen empathischen und respektvollen Umgang miteinander. Sie eröffnet unzählige Möglichkeiten, durch andere Meinungen, Kulturen oder Lebensentwürfe inspiriert zu werden und sie in das eigene Leben einfließen zu lassen. Ich finde das ist eine Bereicherung für uns alle. Die Faire Woche und die Kampagne zum Lieferkettengesetz verfolgen auf unterschiedlichen Wegen die gleichen Ziele: Den Schutz von Menschen und Natur weltweit. Daraus ergeben sich viele Synergien, um Kräfte zu bündeln und gemeinsam unsere gesellschaftliche Vielfalt zu stärken.