Nachgefragt: Interview mit Magdalena Nertinger

Wir haben mit Magdalena Nertinger von Naturland Fair gesprochen. Sie ist dort für die Durchführung des EU-Projekts BEATLES (Behavioral Change towards climate smart food systems) und die Betreuung von Naturland Fair im Globalen Süden zuständig.

Naturland zertifiziert mit dem "Naturland Fair" Zeichen ökologisch erzeugte und fair gehandelte landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Globalen Norden und Süden. Das Sortiment umfasst vor allem Lebensmittel, aber auch Weihnachtsbäume.

Liebe Magdalena, bitte nenne drei Punkte, die Naturland Fair zertifizierte Produkte ausmachen.

Eines der wichtigsten Merkmale von Naturland Fair zertifizierten Produkten ist die Erzeugung nach den strengen Naturland Öko-Richtlinien. Alle Produkte, die Naturland Fair zertifiziert, sind auch ökologisch nach den Naturland-Vorschriften produziert. Diese sind wiederum deutlich strenger als die EU-BioVorschriften, z.B. beim Thema Tierwohl und beim Umgang mit Pestiziden. Neben den strengen ökologischen Anforderungen enthalten die Öko-Richtlinien auch Richtlinienpunkte zur sozialen Verantwortung auf den Betrieben. Dadurch sind Naturland Fair Produkte ökologisch, sozial und fair und decken sozusagen alle Aspekte der Nachhaltigkeit ab (ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit). Alle unsere Naturland Fair Erzeuger*innen und Partnerunternehmen werden jährlich von unabhängigen Kontrollstellen kontrolliert. Zusätzlich machen wir Betriebsbesuche und Witness-Audits, was dazu beiträgt, dass wir die Betriebe, Erzeugerorganisationen und Unternehmen gut kennen. Die Naturland Fair Produkte sowie die dahinter stehenden Erzeuger*innen und Verarbeitungs- und Handelsunternehmen verbindet, dass sie unsere sechs Prinzipien erfüllen: Sie verankern den Fair-Gedanken im Leitbild und der Unternehmensstrategie, pflegen verlässliche und langfristige Handelsbeziehungen, ermöglichen faire Erzeugerpreise, streben regionalen Rohstoffbezug an, sichern gemeinschaftlich die Qualität entlang der Lieferkette und engagieren sich in der Gesellschaft.

Viele Menschen verbinden den Fairen Handel vor allem mit Produkten aus dem Globalen Süden. Wieso habt ihr euch entschieden, das Naturland Fair Siegel auch an Landwirt*innen bzw. Unternehmen aus dem Globalen Norden zu vergeben? Und ist das wirklich notwendig?

Ja, wir finden, das ist auf jeden Fall notwendig! Das sehen wir beispielsweise an den jüngsten und teils auch langjährigen Protesten von Landwirt*innen in vielen Teilen der EU. Mit Naturland Fair wollen wir insbesondere kleinbäuerliche und bäuerliche Landwirtschaft fördern und die gibt es weltweit. Besonders Familienbetriebe im Globalen Norden kämpfen mit den verschiedensten Herausforderungen. Diese Landwirt*innen sind zwar im Gegensatz zum Globalen Süden nicht unbedingt historisch und strukturell benachteiligt, stehen aber durch die Konsequenzen des Strukturwandels und des starken Preisdrucks in der Lebensmittelbranche stark unter Druck. Und das, obwohl sie in unserer Gesellschaft neben der Versorgung mit hochwertigen Lebensmittel auch andere Funktionen erfüllen, wie den Erhalt der Kulturlandschaft. Damit wollen wir aber nicht den Fokus weg vom Globalen Süden nehmen, sondern ihn erweitern. Wir setzen uns für faire Handelsbeziehungen weltweit ein.

Spüren eure Mitglieder hier im Norden bereits die Auswirkungen des Klimawandels und was tut ihr als Verband dagegen?

Das ist zwar von Region zu Region (z.B. Nord- oder Südeuropa) sehr unterschiedlich, aber ich denke, mittlerweile spüren alle unsere Mitglieder die Klimakrise. Als Verband versuchen wir, sie durch Wissen zu verschiedenen Themen bestmöglich dabei zu unterstützen, sich gegen den Klimawandel zu wappnen. Zum Beispiel unterstützen wir in kritischen Regionen bei der Erstellung von Wassermanagementplänen und liefern Informationen und Unterstützung zum Thema Agroforstwirtschaft, die unter anderem Schatten für empfindliche Pflanzen spendet. In Zukunft wollen wir noch mehr Weiterbildungs- und Informationsangebote für unsere Landwirt*innen bereitstellen. Für unsere deutschen und österreichischen Mitglieder gibt es außerdem ein sehr engmaschiges Beratungsnetzwerk, bei dem die Landwirt*innen direkt auf ihrem Hof Beratung zum Thema Öko-Anbau, aber auch zu betriebsspezifischen Herausforderungen erhalten. In unserer Abteilung "Naturland Fair und Soziale Verantwortung" nehmen wir außerdem an einem EU-Projekt zum Thema klimafreundliche Landwirtschaft teil. In dem Projekt geht es darum, zu verstehen, welche Faktoren Landwirt*innen und Konsument*innen bei der Wahl für klimafreundliche Produkte beeinflussen und wie die Umstellung auf beiden Seiten politisch gefördert werden kann. Der Faire Handel spielt hier auch eine wichtige Rolle, da durch faire Erzeugerpreise und langfristige Handelsbeziehungen mehr (finanzieller) Spielraum für die Landwirt*innen entsteht und sie so besser Emissionen verringern und ihren Betrieb für die Zukunft wappnen können.

Liebe Magdalena, vielen Dank für das Gespräch!

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