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Die größte Aktionswoche des Fairen Handels in Deutschland

Nachgefragt: Birgit Will von FairBio

In dieser Ausgabe sprechen wir mit Birgit Will von FairBio. Birgit gestaltet seit sieben Jahren den Unternehmensverbund FairBio als Geschäftsführerin. FairBio steht für faires Bio von hier und stellt die Weichen für eine Fairänderung in der heimischen Wertschöpfungskette. Wir haben sie gefragt, was Vielfalt für sie bedeutet, wie der Verlust biologischer Vielfalt mit dem Höfesterben zusammenhängt und was es braucht, um vielfältige Strukturen weltweit zu erhalten.

Was bedeutet Vielfalt für dich?

Vielfalt bedeutet für mich ein Zusammenspiel von vielen unterschiedlichen Kulturen, Arten und Wirtschaftsweisen. Wie die Natur ist auch die Wirtschaft aus meiner Sicht langfristig nur mit vielfältigen Konzepten überlebensfähig. Durch die zunehmende Konzentration und Globalisierung von Unternehmen verläuft die Entwicklung jedoch leider in die Gegenrichtung. Statt enkeltauglichen, regionalen Wirtschaftssystemen profitieren vom derzeitigen System globale Konzerne, die ihre Marktmacht weiter ungehindert ausbauen.


Inwiefern hängen der Verlust biologischer Vielfalt und das Höfesterben zusammen?

Das Artensterben und das Höfesterben hängen direkt zusammen. Die intensive Landwirtschaft mit hohem Einsatz von Kraftfutter, Pestiziden und Dünger gilt als größte Bedrohung für die europäische Pflanzen- und Tierwelt und damit für die Zukunftssicherheit unserer Ernährung.  Die Intensivierung fördert einen massiven Strukturwandel in der Landwirtschaft, dabei geraten kleinere Betriebe immer stärker unter Druck. Nach einer Studie der DZ-Bank (Zentralbank für Volks- und Raiffeisenbanken) wird sich die Zahl der deutschen Höfe bis zum Jahr 2040 auf rund 100.000 mehr als halbieren. Der Verlust an kleineren Familienbetrieben wirkt sich wiederum negativ auf die Kulturlandschaft und die Artenvielfalt aus.


Was braucht es aus deiner Sicht, damit vielfältige Strukturen erhalten bleiben – hier und weltweit?

Eine nachhaltige Lebensmittelproduktion benötigt eine faire Verteilung der Wertschöpfung in der Lieferkette. Doch die Realität sieht leider anders aus: Vier große Handelskonzerne kontrollieren den deutschen Lebensmittelmarkt zu 85 Prozent. In einem Marktcheck verglichen Verbraucherzentralen die teilweise gravierenden Preisunterschiede für landwirtschaftliche Produkte bei den vier großen Händlern. Der Handel teste aus, was an Erhöhung gehe und was nicht, so das Fazit des Marktchecks. Die hohen Margen der Handelsunternehmen sind derzeit ein klarer Bremsklotz für die notwendige Transformation im Ernährungsbereich. Die deutschen Verbraucherschützer wollen den unzureichenden Wettbewerb im Lebensmittelmarkt nicht länger hinnehmen. Sie fordern, dass die Lebensmittelpreise von einer unabhängigen Preistransparenzstelle dauerhaft erfasst und kontrolliert werden. Dieser Trend zeichnet sich auch in anderen europäischen Ländern ab. So wollen Österreich, Schweiz, Frankreich und Spanien ebenfalls die Preise und Margen im Lebensmittelhandel genauer unter die Lupe nehmen.  Der Kampf um faire Handelsbeziehungen findet damit nicht nur im globalen Süden, sondern längst auch auf der nördlichen Halbkugel statt.

 

Wie hängen fair und bio für dich zusammen?

Mit dem Einstieg in den Massenmarkt haben sich die Konditionen für Bio verändert. Die Pioniere traten einst für ein anderes Wirtschaften in regionalen Wertschöpfungsketten ein und kalkulierten die Preise auf Basis der Kosten der Landwirt*innen. Heute bestimmt die Preiskalkulation des Wettbewerbs die Bio-Verkaufspreise im Regal. Mittlerweile werden im LEH vier von fünf Bioprodukten als Handelsmarke verkauft. Die Einkäufer in den großen Handelskonzernen erhalten dafür Zielvorgaben, die den Strukturwandel in Landwirtschaft und Verarbeitung weiter beschleunigen. Kurze Lieferketten, der Erhalt mittelständischer Unternehmen und die Ernährungssouveränität stehen dabei leider nicht auf der Prioritätenliste.

Der aktuelle Strukturwandel ist so immens, dass nur die ganz großen Betriebe durchhalten können. Derzeit geben beispielsweise viele Bio-Gemüsebetriebe auf, die zwischen 10 und 50 Hektar bewirtschaften. In der nächsten Runde werden es die Höfe mit 100 bis 200 Hektar sein. Mit dem FairBio-Siegel wollen wir hier gegensteuern und kämpfen für faires Bio von hier. Durch die Zertifizierung sichern unsere Mitglieder Transparenz im Einkauf heimischer Rohstoffe und faire Preise für Landwirt*innen. Auf diese Weise rücken die Bio-Unternehmen die faire Verteilung der Wertschöpfung innerhalb der Lieferkette und den Erhalt mittelständischer Bioverarbeiter in der Region in den Fokus der Verbraucher*innen. Gemeinsam mit anderen Bio-Verbänden haben wir uns zudem mit dem FFH in der Allianz für Faire und Ökologische Marktwirtschaft (FÖM) zusammengeschlossen, um für die heimischen Erzeuger faire Vertragsbedingungen zu erreichen.

Weitere Infos:

www.fairbio.bio

https://www.allianz-foem.de/

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