Grußwort des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller zur Fairen Woche 2021
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde der Fairen Woche,
in diesem und im kommenden Jahr richtet die Faire Woche den Fokus auf die Situation der Arbeitsbedingungen weltweit.
2021 lautet das Motto "Zukunft fair gestalten #fairhandeln für Menschenrechte weltweit".
Und es ist wahrlich ein dickes Brett, das wir gemeinsam bohren: Denn es geht darum zu sehen, welchen Beitrag der Faire Handel bereits heute leistet, um Arbeitsbedingungen weltweit zu verbessern und was der Rest der Wirtschaft davon lernen kann um auf „Zukunftsfähigkeit“ umzustellen.
Die Faire Woche trifft einen Nerv: Immer mehr Menschen erkennen, dass es auf den Schutz und die Perspektive der Schwächsten in unseren Lieferketten ankommt. Menschenwürdige Arbeit ist ein Menschenrecht. Und sie ist zentrales Anliegen der Vereinten Nationen und ihrer 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung aller Menschen auf allen Kontinenten. Fairer Handel ist also ein wichtiger Baustein für eine gerechte Globalisierung.
Am Anfang unserer Lieferketten sind die Ärmsten schutzlos. Die Pandemie hat diese Realität verschärft: Während eine Näherin in Bangladesch sechzehn Stunden täglich in der stickigen Fabrik auch für uns Kleidung herstellt und sich dabei einem hohen Infektionsrisiko aussetzt, verhängen einige Import-Länder Exportstopps für Impfstoffe. Während ein Kind in der Elfenbeinküste für wenige Cents pro Tag auf den Kakaoplantagen schuftet, investieren wir Milliarden in unsere Industrien und Arbeitsmärkte. Das ist weder gerecht noch zukunftsfähig. Wir müssen umdenken und #fairhandeln. Denn wir können nur gemeinsam wachsen.
Jeden Tag beeinflussen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher durch unsere Kaufentscheidungen das Leben von Menschen in anderen Teilen der Welt. Wer im Supermarkt zur Billig-Schokolade greift, nimmt in Kauf, dass rund zwei Millionen Kinder weltweit auf Kakaoplantagen ausgebeutet werden - mit steigender Tendenz. Wer glaubt, jedes Jahr ein neues Smartphone zu brauchen, muss wissen, dass Vierjährige in den Kobalt-, Gold- und Coltan-Minen des Kongo diese Rohstoffe aus Gesteinen kratzen.
Die Prinzipien des Fairen Handels zeigen, wie es anders geht. Die Faire Woche öffnet uns die Augen für Ursache und Wirkung von Ausbeutung – und für wirksame Gegenmittel.
Denn unser persönliches Handeln wirkt global. Wir tragen also Verantwortung. Und wir haben es in der Hand, die Weichen auf mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Globalisierung zu stellen. Tun wir es nicht, holen uns die negativen Folgen früher oder später ein: Werden für Kaffee der Regenwald in Guatemala und für Soja die Wälder in Brasilien abgeholzt, verkümmert die grüne Lunge der Erde, die CO2 aus der Atmosphäre filtert und Millionen Pflanzen- und Tierarten Lebensraum bietet. Wo der Mensch permanent Artengrenzen überschreitet und Lebensräume bedroht, breiten sich auch gefährliche Erreger wieder und weiter aus. Es gibt kein gesundes Leben auf einem kranken Planeten. Auch darum brauchen wir ein Wirtschaftssystem, das soziale und ökologische Mindeststandards weltweit berücksichtigt und fördert. Es liegt an uns, dies einzufordern, dafür zu kämpfen.
Die Faire Woche ist ein wichtiger Partner, ein großartiges Instrument. Sie weckt Aufmerksamkeit und inspiriert. Denn die jungen Generationen haben ihre Zukunft im Blick und handeln danach. Sie wählen Produkte, Unternehmen und sogar Arbeitgeber danach aus, wer nach den Prinzipien des Fairen Handels agiert. Viele Handelspartner unterstützen bereits seit mehr als 50 Jahren menschenwürdige Arbeitsbedingungen, indem sie Genossenschaften stärken, über Menschenrechte aufklären und über Gütesiegel Transparenz herstellen. Der Umsatz an fair gehandelten Produkten steigt seit Jahren – das ist der Erfolg Ihrer harten Arbeit!
Wir, Unternehmen, die Zivilgesellschaften und die Politik, können und müssen noch besser und lauter werden – für Menschenrechte, ein ressourcenschonendes und nachhaltiges Wirtschaften.
COVID ist der Weckruf: Wir müssen jetzt handeln! Darum hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Beginn der Pandemie ein Corona-Soforthilfepaket für ärmere Länder auf den Weg gebracht – mit dem Schwerpunkt, Arbeitsplätze in den Schlüsselbranchen zu erhalten und Gesundheitsschutz gegen das Virus aufzubauen. Das ist unser Verständnis von Solidarität der Industrieländer mit den Entwicklungsländern.
Aus demselben Motiv habe ich gemeinsam mit Bundeminister Heil lange für ein Sorgfaltspflichtengesetz gekämpft: Im März wurde das neue Gesetz zum Schutz der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten im Kabinett beschlossen. Das Gesetz verlangt von den Unternehmen, ihrer Verantwortung nachzukommen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten zu gewährleisten.
Ich freue mich sehr, dass die Faire Woche zwei Jahre lang dafür wirbt: "Zukunft fair gestalten – #fairhandeln für Menschenrechte weltweit." Das ist unser gemeinsames Ziel!
Einen herzlichen Dank an die vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, die tagtäglich daran arbeiten. Nutzen wir die Faire Woche, uns auszutauschen, andere mitzureißen und alle Register zu ziehen! Das ist auch in "Aktionen mit Abstand" möglich. Lassen Sie uns etwas bewegen – und machen Sie mit. Ich wünsche Ihnen viel Spaß und der Fairen Woche 2021 viel Erfolg!
Dr. Gerd Müller
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung