Rundreisen der Produzentenvertreter*innen

Wir freuen uns, dass wir auch in diesem Jahr wieder Vertreter*innen von Produzentenorganisationen aus Nicaragua, Kolumbien, Peru und Bolivien zur Fairen Woche nach Deutschland einladen konnten. Die Rundreisen und Informationsveranstaltungen mit den Gästen aus dem Süden sind ein wichtiges Element und fester Bestandteil der Fairen Woche. Die Gäste berichteten aus erster Hand über ihre Arbeit und über die Wirkungen des Fairen Handels. Damit leisten Sie einen bedeutenden Beitrag zur Transparenz und zur Stärkung der Glaubwürdigkeit des Fairen Handels. Auf der anderen Seite sind sie mindestens genauso neugierig, etwas über den Fairen Handel, die Akteure und die Wünsche der Kund*innen in Deutschland zu erfahren. Die Begegnung mit unseren Gästen bietet also jedes Jahr die Chance zum Austausch in beide Richtungen. 

Gäste der Fairen Woche 2018

Folgende Gästen waren zur Fairen Woche 2018 zu Gast in Deutschland:

Gäste:

  • Maribel Rosales Soto, Geschäftsführerin des Kooperativenverbandes COSATIN Tierra Nueva
  • Esmeralda Martinez, Bäuerin und Frauen-Beauftrage bei COSATIN Tierra Nueva

Portrait Maribel Rosales Soto

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Portrait Esmeralda Martinez

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Rundreisedaten von COSATIN Tierra Nueva zur Fairen Woche 2018 (pdf)

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Über COSATIN Tierra Nueva

Der Kooperativenverband COSATIN Tierra Nueva (Cooperativa de Servicios Agropecuarios Tierra Nueva) hat seinen Sitz im Städtchen Boaco,  das etwa 80 km nordöstlich von Managua in Nicaragua liegt. 1997 haben sich 480 Kleinbäuer*innen zusammengeschlossen, um ihre Ernte gemeinsam zu vermarkten. Mit Erfolg: Rund 40 Prozent der Produktion vermarkten sie nun über den Fairen Handel in Europa und den USA. Cosatin hat inzwischen rund 600 Mitglieder, die recht verstreut in kleinen Gemeinden auf 500 bis 1400 Metern Höhe leben.

Existenzsicherung durch Fairen Handel

Viele Menschen verließen in den letzten Jahren das Gebiet – weil sie keine Perspektive sahen zog es sie nach Costa Rica, in die USA oder in die Armenviertel von Managua. Keines der Kooperativenmitglieder musste bisher seine Felder aufgeben. Die niedrigen Kaffeepreise ließen ihnen keine andere Wahl. Das Geld reichte nicht einmal mehr aus, um genügend Reis, Bohnen und Mais für das Jahr zu kaufen - vor allem, wenn eine Familien viele Kinder zu versorgen hat. Trotz Schulpflicht lernen viele Mädchen und oftmals weder lesen noch schreiben. Für die Kinder der Cosatin-BäuerInnen ist das inzwischen anders: Sie haben nicht nur ausreichend zu essen, sondern besuchen auch alle eine Schule. Aus dem Mehrpreis des Fairen Handels werden außerdem Stipendien finanziert, die einigen Mitgliedern ein agrarwissenschaftliches Studium ermöglichen.

Stärkung des lokalen Marktes im Kampf gegen den Klimawandel

COSATIN produziert für den Export Kaffee und Honig. Beide Produkte stammen ausschließlich aus biologischem Anbau. Daneben werden Mais, Bohnen, Zitrusfrüchte, Bananen und Kakao für den Eigenbedarf, zum Teil auch den lokalen Markt, angebaut.
Um sich gegen den Klimawandel zu wappnen, der den Kaffeeanbau in der Region zunehmend beeinträchtigen wird, sucht COSATIN nach Möglichkeiten der Diversifizierung und hat bereits einige Erfolge mit der Vermarktung von biologisch angebautem Honig, Ingwer und Kurkuma erzielt. Zudem hat die Kooperative eine eigene Bio-Marke für Milchprodukte und Gemüse für den einheimischen Markt entwickelt. Vor kurzem hat eine Gruppe von Frauen angefangen, Pilze als biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel gegen die "Broca", einen Käfer, der die Kaffeekirsche schädigt, zu züchten. Sie hoffen damit auf eine neue Einnahmequelle.

Die Fair Handels Prämie für die Bildung der Kinder

Ein Teil des Mehrpreises, den der Kooperativenverband im Fairen Handel erzielt, wird unmittelbar an die Produzent*innen ausbezahlt. Cosatin geht davon aus, dass diese am besten wissen, wofür sie ihn benötigen. Viele Familien finanzieren damit den Schul- oder Universitätsbesuch ihrer Kinder. Vergeudung kommt nur in Ausnahmefällen vor, versichern die Mitglieder.
Schulungen im Finanzwesen
Jeder Produzent trägt außerdem mit 5 USD pro im Fairen Handel verkauften Quintal (ca. 46 Kilo) Kaffee zu einem Kreditfonds bei, aus dem Kleinkredite für die Produzent*Innen bewilligt werden. Dadurch werden sie unabhängiger von den Banken. Viel Wert legt Cosatin auf die Schulung der Mitglieder im Finanzwesen. Alle sollen auch die Finanzberichte verstehen. "Wenn die Mitglieder auf den Generalversammlungen die Finanzberichte nicht verstehen, können zwei Dinge passieren: Entweder sie applaudieren, ohne etwas zu verstehen, oder sie wenden sich ab. Beides bringt uns nichts.

Gast

Nelson Perez, Präsident von ANAPQUI (Association Nacional de Productores de Quinoa) in Bolivien

Rundreisedaten von ANAPQUI zur Fairen Woche 2018 (pdf)

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Über ANAPQUI

ANAPQUI, ein Zusammenschluss von acht hauptsächlich indigenen Genossenschaften, arbeitet seit 1983 daran, die Produktion von dem Wunderkorn der Inka – Quinoa, wieder anzukurbeln und damit die Situation der Kleinbauernfamilien zu verbessern. Insgesamt vertritt ANAPQUI die Interessen von mehr als 1.500 Familien in 90 Gemeinden, hauptsächlich in den Gegenden um Oruro und Potosí.

Quinoa ist ein so genanntes "Pseudogetreide", das in Regionen wächst, wo sonst keine Pflanze überlebt. Ihr Gehalt an Eiweiß, Mineralien, Vitaminen und ungesättigten Fettsäuren übertrifft alle europäischen Getreidearten und sicherte damit über viele Jahrtausende das Überleben der Andenbewohner. Die Basisorganisation von ANAPQUI wurde von den Quinoa-Bauern im südlichen Hochland Boliviens ins Leben gerufen. Die sozialen Aktivitäten der Organisation stehen somit immer im Vordergrund.

Nachfrage auf nationalen und internationalen Märkten stärken

Darüber hinaus versucht ANAPQUI vor allem auf internationaler Ebene neue Märkte zu erschließen und Quinoa auch in Übersee bekannter zu machen. Dank der Initiative ANAPQUIs setzt sich nun auch die Regierung dafür ein, dass in öffentlichen Einrichtungen Quinoa wieder ein Teil der Speisekarten geworden ist, sodass auch die Nachfrage im Inland wieder zunimmt.

Arbeitsbereiche von ANAPQUI

  • technische Unterstützung durch Beratung der Produzent*innen, um dauerhafte Verbesserung des Produktes zu erreichen
  • Vermittlung der Kenntnisse von Buchhaltung und Verwaltung
  • Vermarktung von Quinoa – ANAPQUI ist heute der erste und größte Quinoa-Exporteur Boliviens.

Quinoa – das Korn der Inkas

Die Bauern von ANAPQUI produzieren sowohl weiße als auch rote und schwarze Quinoa. Der Anbau der Quinoa-Pflanzen erfolgt auf rund 3.700 m Höhe. Das Ernten erfolgt in Handarbeit. Anschließend dreschen die Produzenten die Quinoa aus. Bei ANAPQUI wird die Quinoa dann geschält, gewaschen, getrocknet und schließlich
sortiert. Von der weißen Quinoa kann auch die zweite und dritte Qualität noch vermarktet werden, in den anderen beiden Fällen ist diese Qualität jedoch unverkäuflich. Beide farbigen Sorten erfordern einen erheblichen Mehraufwand im Anbau und in der Weiterverarbeitung, hier insbesondere in der Sortierung. Dies ist der Grund für den höheren Preis der roten und der schwarzen Quinoa. Die meisten Bauern möchten dem damit einhergehenden Mehraufwand lieber aus dem Weg gehen, weiße Quinoa lässt sich mit deutlich weniger Verlusten verkaufen. ANAPQUI muss seine Mitglieder häufig zum Anbau der farbigen Sorten verpflichten, da die Nachfrage danach steigt.

Mehr Hintergrundinformationen zu ANAPQUI

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Gäste

  • Raul Francisco Calle Pintado (Jahrgang 1970) ist Geschäftsführer des Kooperativenverbands NORANDINO. Der Peruaner hat an der Universität in Piura Rechnungswesen und Finanzwissenschaften studiert. Er arbeitet inzwischen seit mehr als zehn Jahren für NORANDINO bzw. die Vorgängerorganisation CEPICAFE.
  • Klehber Cruz Zurita (Jahrgang 1978) ist Kleinbauer und Vorsitzender des Verwaltungsrats von NORANDINO. Gemeinsam mit seiner Familie bewirtschaftet er zwei Hektar Land und baut dort unter anderem Kaffee an.

Über NORANDINO

Aus einer Vereinigung mit 200 Gründungsmitgliedern im Jahr 1995 ist inzwischen ein Verband geworden, dem mehr als 7.000 Familien angehören. Sie alle leben in der Sierra Piura, dem Teil der Anden im äußersten Norden von Peru und eine echte Bauernbewegung.

Die Sierra de Piura ist ein abgelegenes Gebiet, in dem Straßen, Schulen und Gesundheitseinrichtungen weitgehend unzureichend sind. Trotz der Hanglagen und oft wenig fruchtbaren Böden ist die Bergregion bei Piura von einer hohen Bevölkerungsdichte geprägt. Es handelt sich jedoch um eine benachteiligte Region, die im Vergleich zur Küstenebene als weniger produktiv gilt und daher von der öffentlichen Politik vernachlässigt wird. Seit einigen Jahrzehnten führt die Armut der Bauern in der Region zu einer großen Landflucht in die großen Städte.

Alternativen zur Landflucht

NORANDINO zeigt, dass es eine Alternative zur Landflucht gibt. Seit der Gründung in den 1990er Jahren hat die Genossenschaft viele Initiativen von Landwirten in benachbarten Regionen unterstützt, insbesondere beim Zugang zu internationalen Märkten. Seit der Kolonialzeit ist die Region sehr stark auf den Kaffeeanbau spezialisiert. Die in NORANDINO zusammengeschlossenen Kleinbauern hatten jedoch den Anspruch, ihre Parzellen zu diversifizieren und weitere Produkte anzubauen, die im In- und Ausland vermarktet werden können. Dadurch reduzieren sich die finanziellen und ökologischen Risiken einer Monokultur. NORANDINO hat sich zunächst auf zwei weitere Dinge konzentriert: Zuckerrohr für die Produktion verzehrfertigen Zuckers (panela) und Früchte, die lokal zu Konfitüren verarbeitet werden.
2007 entschied sich NORANDINO schließlich, auch Kakao stärker in den Fokus zu nehmen. Denn er wird seit vielen Jahren in Piura angebaut. Arabica-Kaffee wird in Piura ab etwa 800 Metern Höhe angebaut und Kakao ist oft die wichtigste Kultur auf den Parzellen unterhalb dieser Höhe. Durch den Zusammenschluss mit anderen Genossenschaften kamen schließlich noch weitere Kakao-Anbaugebiete wie bspw. die Region Tumbes dazu.

Gemeinsam Entscheidungen treffen

Die Organisation hat heute eine echte wirtschaftliche Relevanz in der Region. Dennoch werden wichtige Entscheidungen nicht einfach im Büro in Piura getroffen, sondern nach wie vor von engagierten und besonders aktiven Mitgliedern. Eine ausgeprägte Diskussionskultur ist ein Markenzeichen von NORANDINO. Die Größe und Professionalisierung der Genossenschaft haben es nötig gemacht, viele Fachkräfte einzustellen: Buchhalter, Agronomen, Qualitätsmanager und Betriebsleiter für die Verarbeitungseinrichtungen. Alle haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Sie sind auf dem Land aufgewachsen und meistens Kinder von Kleinbauern. Sie kennen also die Realität in den Kommunen und haben ein Bewusstsein für den Alltag der Produzenten.

Gast:

  • Richard Padilla Duran ist Bananenkleinbauer und Mitglied der Fairtrade zertifizierten Kooperative EMPREBANCOOP in Kolumbien.
    Richard Padilla Duran (47) lebt mit seiner Familie auf einer Finca in Orihueca, in der bekannten tropischen Bananenregion Magdalena im Norden Kolumbiens an der karibischen Küste. Auf einer Fläche von 0,80 Hektar baut er im Familienbetrieb Fairtrade-Bananen an und ist Mitglied der Kooperative "Cooperative de Pequenos Empresarios de Banano", kurz: EMPREBANCOOP.

Über EMPREBANCOOP

Die Kooperative wurde im Jahr 2010 als Zusammenschluss von 46 Bananenkleinbauernfamilien gegründet. Bis heute hat sich die Mitgliedszahl fast verdoppelt.

Seit 2011 ist EMPREBANCOOP Fairtrade-zertifiziert und unterstützt seine Mitglieder neben der Fairtrade-Prämie durch Weiterbildung und Investitionen in die Infrastruktur. Ziel ist es, den Bananenkleinbauern durch Planungssicherheit ein besseres Auskommen zu sichern. "Seit der Fairtrade-Zertifizierung vor drei Jahren haben wir eine stabile Produktion und unsere Produktivität hat sich erheblich verbessert. Wir produzieren im Durchschnitt 45-50 Bananenkisten in der Woche. Noch 2010 kamen wir auf einen Jahresertrag von maximal 1200 Kisten, im Jahr 2017 waren es insgesamt 2184 Kisten. Der Ertrag hat sich somit verdoppelt. Das verdanken wir der Unterstützung der Kooperative und dem Einsatz der Fairtrade-Prämie.", so Richard Padilla Duran.Besonders wichtig ist Richard Padilla die Zukunft seiner Söhne. Sein ältester Sohn Oswaldo (24) studiert bereits audiovisuelle Medien an der Universität Magdalena. Richard Padilla ist stolz darauf, dass er seinen Söhnen die Ausbildung ermöglichen kann, die sie anstreben.

Gast:

  • Willy Paredes ist Fairtrade-Koordinator im Produzentennetzwerk CLAC in Peru. Er ist verantwortlich für die Einführung der Strategie zur Stärkung und Entwicklung der Fairtrade-zertifizierten Organisationen. Im direkten Austausch mit Produzent*innen vor Ort und mithilfe von Angeboten für Weiterbildung und technischer Unterstützung sollen die Kooperativen langfristig gestärkt werden.
    Die Auswirkungen des Klimawandels sind ein wichtiges Thema in der Landwirtschaft Lateinamerikas. "Es ist wichtig, die Sensibilisierung und das Bewusstsein mit den Organisationen der Produzent*innen über die Auswirkungen des Klimawandels weiterzuführen und sie in der Anpassung zu unterstützen. Durch Erfahrungsaustausch der Organisationen und Weiterbildungen können wir Risiken und Chancen identifizieren und Strategien für lokale Anpassungsmaßnahmen entwickeln. Im Bananenanbau beispielsweise gibt es Maßnahmen zur biologischen Kontrolle von Schädlingen der Bananenpflanze." , so Willy Paredes

Über CLAC

Die CLAC ist das traditionsreichste Fairtrade-Produzenten-Netzwerk und als Organisation zuständig für Kleinbauernkooperativen in Lateinamerika und der Karibik. 1996 gegründet, vertritt das Netzwerk diese von einem Verwaltungsbüro in El Salvador aus. Von dort aus managt die CLAC die Beratungs- und Unterstützungsangebote für die Produzentenorganisationen und kümmert sich auch um die politische Lobbyarbeit in Lateinamerika. In den einzelnen lateinamerikanischen Ländern sind die Produzentenorganisationen außerdem in unabhängigen, nationalen Netzwerken organisiert, den sog. "Coordinadoras nacionales". Die CLAC ist das traditionsreichste Fairtrade-Produzenten-Netzwerk und als Organisation zuständig für Kleinbauernkooperativen in Lateinamerika und der Karibik. 1996 gegründet, vertritt das Netzwerk diese von einem Verwaltungsbüro in El Salvador aus. Von dort aus managt die CLAC die Beratungs- und Unterstützungsangebote für die Produzentenorganisationen und kümmert sich auch um die politische Lobbyarbeit in Lateinamerika. In den einzelnen lateinamerikanischen Ländern sind die Produzentenorganisationen außerdem in unabhängigen, nationalen Netzwerken organisiert, den sog. "Coordinadoras nacionales".

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